Wir alle kennen es, wir alle tun es und doch sprechen wir ständig davon, es bleiben zu lassen: Menschen in eine Schublade stecken; aufgrund von wenigen Worten Zuschreibungen treffen und im schlimmsten Fall Stempel vergeben. Der Kollege vom oberen Stock äußert sich mutig aber hoffnungsvoll zu seiner depressiven Erkrankung und schon haben alle rund herum ein Bild dazu und zu ihm. In Wahrheit macht ja jetzt alles Sinn und auf was man sich nun einstellen kann ist sowieso klar: Rücksichtnahme ohne Ende, mehr Arbeit für einen selbst, viele Krankenstände. Dabei müsste sich der Kollege doch nur ein bisschen anstrengen und sich zusammen reißen – es geht uns doch allen man schlecht. Der Kollege vom Accounting glaub zu wissen dass die Depression des „Geouteten“ mit dessen schweren Kindheit zusammenhängt und die Kollegin ist der Meinung, dass man es ihm sowieso schon lange angesehen hat. Wahrscheinlich trinkt er auch zu viel und seine Frau hat ihn verlassen. Das beruhigt, weil dann kann es sie selbst nicht so leicht treffen. Depression, das haben sie anderen. Und es ist so viel einfacher die Schublade aufzumachen und den Kollegen neu einzuordnen. Ein paar Wörter dazu heften, damit man schneller weiß womit man es zu tun hat und schneller wieder findet. Traurig, schlecht drauf, langweilig, macht bei keinem Spaß mit, ist leicht an`grührt, müde, gereizt,…Wahrscheinlich treffen ein paar von diesen Beschreibungen sogar tatsächlich zu. So ist das nämlich mit Symptomen: Sie treten auf. Und trotzdem sind sie nicht immer gleich. Manche Menschen zeigen andere Symptome bei doch derselben Krankheit. Die Überschneidungsmenge macht die Diagnose. Gleichzeitig schafft Aufklärung und Information Raum für größere Schubladen, die man dann vielleicht auch nicht versperren muss. Weil sich ja auch etwas verändern kann; z.B. weil Betroffene Untersützung suchen und Behandlungsmethoden sich erfolgreich zeigen.
Die psychische Erkrankung Depression (bzw. depressive Episode) zählt zu den häufigsten Erkrankungen in Österreich. Laut Österreichischem Gesundheitsbericht leiden 8% der Österreicher*innen an einer diagnostizierten Depression.
In den Diagnosemanualen werden folgende mögliche Symptome beschrieben:
gedrückte Stimmung, Interessenverlust, Freudlosigkeit sowie ein verminderter Antrieb mit einhergehender erhöhter Ermüdbarkeit und Aktivitätseinschränkung, subjektiv wahrgenommenen Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen, verminderter Selbstwert, Gefühl von Wertlosigkeit, Schuldgefühle, Ängste, Gedankenkreisen,verminderter Appetit, Schlafstörungen, reduzierte Emotionalität oder auch erhöhte Reizbarkeit und Aggression
Von einer depressiven Episode spricht man dann, wenn mindestens vier dieser Symptome mindestens zwei Wochen lang anhalten und sich abgesehen von charakteristischen Tagesschwankungen (das ist z.B. das so genannte Morgentief) kaum verändern.
Wir hatten Anfang des Jahres die Möglichkeit, mit GfB über das Thema Depression, Burn-Out und das „was tun“ zu sprechen. Das ausführliche Interview könnt ihr hier nachlesen.
Petra Zöchling, Arbeitsassistenz, Institut zur beruflichen Integration
